Generatorausfall

 

Von Junín de los Andes sind wir auf dem weiteren Weg nach Norden. Die Ruta 40 ist hier gut ausgebaut und wir kommen gut voran durch karge, fast wüstenartige patagonische Steppe. Plötzlich mitten im Nirgendwo leuchtet im Fahrerdisplay des Sprinter eine rote Fehlermeldung auf: „Generator / Batterie; Werkstatt aufsuchen“. Auf den Seitenstreifen, anhalten, Motor aus.

Die Batterie ist neu, ein halbes Jahr alt. Weitere Fehlerursachen können laut Betriebshandbuch des Fahrzeugs ein Defekt des Generators (Lichtmaschine) oder ein defekter bzw. fehlender Rippenkeilriemen sein. Der Keilriemen ist im Motorraum ziemlich verdeckt, aber dann können wir ihn doch sehen. Ein Defekt ist nicht erkennbar. Wir fahren ein paar Kilometer, die Temperatur der Kühlflüssigkeit wird konstant gehalten. Der Keilriemen treibt also den Lüfter und die Kühlwasserpumpe an. Aber an der Bordbatterie ist die Spannung unter die Ladespannung abgesunken, wie wir im Display der Bordsysteme sehen können. Somit wird auch die Starterbatterie nicht mehr geladen. Kein Zweifel, der Generator ist defekt!

Die Aufforderung „Werkstatt aufsuchen“ bereitet uns Probleme. Zurück nach Junín de los Andes sind es 75 km, weiter bis nach Zapala rund 125 km. Wir entscheiden uns fürs Weiterfahren ins größere Zapala, in der Hoffnung auf eine geeignete Werkstatt. Wir bangen, ob die Ladung der Starterbatterie bis dort hin hält. Bei Temperaturen von mehr als 30°C sind jetzt Klimaanlage und Lüfter des Fahrzeugs tabu. Wir müssen Strom sparen, damit die Funktion des Motors aufrecht erhalten wird. Und im Bord-Display können wir während der Fahrt verfolgen, wie die Spannung der Starterbatterie langsam von 12,4 bis unter 12 Volt sinkt. Aber wir schaffen es tatsächlich vor Einbruch der Dunkelheit bis zu einer großen Kfz-Werkstatt in Zapala. Neben ihrem Zaun parken wir und verbringen dort die Nacht.

Hier ermitteln wir per Internet die nächstgelegene Mercedes-Werkstatt. In der Provinz Neuquén gibt es zwei, in Bariloche (mindestens zwei Tagesreisen nach Süden) und in der Stadt Neuquén, etwa 170 km entfernt. Noch am späten Abend (spät nachts in Deutschland) senden wir eine E-Mail an CS-Reisemobile und bitten um Infos zum Anschluss des Ladebooster an der Batterie. Es könnte ja sein, dass der getrennt werden muss. Bevor die Werkstatt um 8:30 Uhr öffnet, haben wir die Antwort-E-Mail mit den Infos und Fotos. Die geben uns etwas Sicherheit.

Außer ein paar Worten beherrschen wir die spanische Sprache nicht. Also formulieren wir einen kurzen Text zu unserer Situation und unseren Erkenntnissen und lassen ihn vom Übersetzungsprogramm, das sich für Englisch bewährt hat, in Spanisch übersetzen. Damit stehen wir gleich nach Öffnung der Kfz-Werkstatt am Service-Schalter.

Diese Werkstatt macht keine Elektrik-Arbeiten. Wir sollen es doch zwei Ecken weiter bei der Fiat-Werkstatt versuchen, die haben Kfz-Elektriker. Die Elektriker bei Fiat haben nicht das passende Diagnose-Gerät. Das hat ein Motorspezialist ein paar Häuser weiter, zu dem wir gebracht werden. Aber dessen Einfahrt in seine Werkstatt ist zu niedrig für unser Womo. Er telefoniert und nach ein paar Minuten kommt er wieder und schickt uns zu einer Kfz-Elektrik-Werkstatt, etwa drei Kilometer entfernt. Immer noch reicht die Batteriekapazität für diese Strecke. Die Elektrik-Werkstatt ist geschlossen. Wir warten, vielleicht öffnet sie erst um 10 Uhr oder der Elektriker hat einen Einsatz außerhalb?

Nach mehr als einer Stunde Warten geben wir auf. Wir müssen zurück zum Motorspezialisten, der uns hierher gesandt hat, bevor er Siesta macht und mehrere Stunden ungenutzt verstreichen. Der Motorspezialist schickt uns zurück zu Fiat. Dort bemüht man sich sehr, sowohl um unser Fahrzeug als auch um uns. Mit einem Werkstatt-Ladegerät soll die Batterie geladen werden, damit sie die 170 km bis zur Mercedes-Werkstatt hält. Wir haben Zweifel, ob das überhaupt möglich ist. Aber es dauert nicht lange und das Ladegerät schaltet sich ab. Es ist für Pkw-Batterien und nicht groß genug für unsere Starterbatterie.

Die Fiat-Elektriker wollen uns aber nicht unverrichteter Dinge wegschicken. Es wird telefoniert. Dann erklärt man uns, dass zwar jetzt erst mal Mittagspause ist, aber später sich ein Spezialist um unser Problem kümmern wird. Inzwischen hat sich einer der Fiat-Handwerker bei uns gemeldet, der Englisch spricht. Das verbessert immerhin die Kommunikation. Die Mittagspause nutzen wir, unser 230V-Kabel an eine Werkstatt-Steckdose anzuschließen und unsere Bordbatterie teilweise zu laden. Die Starterbatterie wird dabei ein wenig mitgeladen. Nach der Pause wird uns mitgeteilt, dass wir nach 15 Uhr zu dem Spezialisten geleitet werden sollen. Richtig rührend bemüht sich das Fiat-Team um uns. Offensichtlich sind die Leute zuversichtlich, dass uns geholfen werden wird. Und für ihre vielfältigen Aktivitäten wollen sie partout keine Bezahlung. Der junge Elektriker, der nicht locker gelassen hat, bekommt einen Tipp.

english:

Generator failure

From Junín de los Andes we are on our way further north. The Ruta 40 is well developed here and we make good progress through barren, almost desert-like Patagonian steppe. Suddenly, in the middle of nowhere, a red error message lights up in the driver’s display of the Sprinter: „Generator / battery; visit workshop“. On the hard shoulder, stop, engine off.

The battery is new, half a year old. According to the vehicle’s operating manual, other causes of the fault can be a defect in the generator (alternator) or a defective or missing ribbed V-belt. The V-belt is quite hidden in the engine compartment, but then we can see it. A defect is not visible. We drive a few kilometres, the temperature of the coolant is kept constant. So the V-belt drives the fan and the coolant pump. But at the on-board battery, the voltage has dropped below the charging voltage, as we can see in the on-board system display. This means that the starter battery is no longer being charged either. No doubt, the generator is defective!

The request to „visit a workshop“ causes us problems. It is 75 km back to Junín de los Andes and about 125 km to Zapala. We decide to drive on to the larger town of Zapala, hoping to find a suitable workshop. We are worried whether the charge of the starter battery will last until we get there. With temperatures of more than 30°C, the vehicle’s air conditioner and fan are now taboo. We have to save electricity to keep the engine functioning. And in the on-board display, we can watch the voltage of the starter battery slowly drop from 12.4 to below 12 volts as we drive. But we actually make it to a large car repair shop at Zapala before nightfall. We park next to their fence and spend the night there.

Here we use the internet to find the nearest Mercedes garage. There are two in the province of Neuquén, in Bariloche (at least two days‘ journey south) and in the city of Neuquén, about 170 km away. Late in the evening (late at night in Germany) we send an email to CS-Reisemobile and ask for information about connecting the charge booster to the battery. It could be that it has to be disconnected. Before the workshop opens at 8:30 a.m., we receive the reply email with the information and photos. This gives us a bit of security.

Apart from a few words, we do not know the Spanish language. So we formulate a short text about our situation and our findings and have it translated into Spanish by the translation programme that has proven itself for English. With this, we are at the service counter right after the garage opens.

This garage does not do electrical work. They tell us to try the Fiat garage two corners away, they have electricians. The electricians at Fiat don’t have the right diagnostic equipment. An engine specialist a few doors down has it, and we are taken to him. But the entrance to his workshop is too low for our camper. He makes phone calls and after a few minutes he comes back and sends us to an automotive electrical workshop about three kilometres away. There is still enough battery capacity for this distance. The electrical workshop is closed. We wait, maybe it doesn’t open until 10 am or the electrician has a job outside?

After more than an hour of waiting, we give up. We have to go back to the engine specialist who sent us here before he takes a siesta and several hours go by unused. The engine specialist sends us back to Fiat. They try very hard there, both for our vehicle and for us. The battery is to be charged with a workshop charger so that it will last the 170 km to the Mercedes workshop. We have doubts whether this is possible at all. But it doesn’t take long and the charger switches off. It is for passenger car batteries and not big enough for our starter battery.

But the Fiat electricians don’t want to send us away empty-handed. They make phone calls. Then they tell us that it’s lunch break for now, but later a specialist will take care of our problem. In the meantime, one of the Fiat mechanics who speaks English has contacted us. At least that improves communication. We use the lunch break to connect our 230V cable to a workshop socket and partially charge our on-board battery. The starter battery is also charged a little. After the break, we are told that we should be directed to the specialist after 3 pm. The Fiat team is really touching and takes care of us. Obviously, they are confident that we will be helped. And for their manifold activities, they absolutely do not want to be paid. The young electrician, who didn’t let up, gets a tip.

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Gegen 15:30 Uhr treffen wir bei einer Gomeria (Reifenwerkstatt) ein und werden auf dem Platz vor der Werkstatt eingewiesen. Der (vermutlich) Inhaber blickt in den Motorraum, notiert sich den Fahrzeugtyp 316 CDI (der ein Synonym für den Motortyp ist) und fertigt eine Skizze der Windungen des Keilriemens an. Dann breitet er unter dem Motorraum eine alte (unaufgeblasene) Luftmatratze aus, legt sich darauf und fängt an zu schrauben.

Es dauert nicht lange und er hält den Generator in den Händen. Damit verschwindet er in der Werkstatt. Wenig später kommt er Freude strahlend und triumphierend mit den abgenutzten Kohlebürsten (Schleifkohlen) des Generators zurück. Sie sind so groß wie Ohranhänger. Einer ist kürzer als der andere und weist auf der Kontaktfläche deutliche Brandspuren auf, von den Lichtbögen (Funken), als der Kontakt abriss.

english:

Around 3:30 pm we arrive at a gomeria (tyre repair shop) and are directed into the square in front of the workshop. The (presumably) owner looks into the engine compartment, notes the vehicle type 316 CDI (which is a synonym for the engine type) and makes a sketch of the turns of the V-belt. Then he spreads an old (uninflated) air mattress under the engine compartment, lies down on it and starts screwing.

It doesn’t take long and he has the generator in his hands. With it, he disappears into the workshop. A little later he returns beaming with joy and triumphant with the worn carbon brushes of the generator. They are the size of earrings. One is shorter than the other and has clear burn marks on the contact surface from the arcs (sparks) when the contact broke off.

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Inzwischen haben sich über der Stadt dicke Wolken aufgetürmt und jetzt beginnt es zu regnen, zunächst nur leicht, dann heftig. Als der Schauer an Heftigkeit nachlässt, kommt unser Mann mit dem Generator und baut ihn wieder ein.

english:

In the meantime, thick clouds have gathered over the city and now it begins to rain, at first only lightly, then heavily. When the shower subsides, our man comes with the generator and installs it again.

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Gegen 17 Uhr starten wir den Motor und – die Batterie wird geladen! Bingo.

Über die Kupferwicklungen und die Lager des Generators, den Lichtmaschinen-Regler und den Ladebooster haben wir als Fehlerursache spekuliert und dann ist es ein kleines mechanisches Verschleißteil.

Nun fahren wir noch mit unserem „Retter“ zur Bank, um Bargeld abzuheben, mit dem er bezahlt wird, denn Kreditkartenzahlung ist bei ihm nicht möglich. Der Betrag ist lächerlich im Vergleich zu jeder denkbaren Rechnung von Mercedes. Dazu gibt es selbstverständlich einen ordentlichen Tipp. Und gegen 18 Uhr landen wir auf dem schön im Wald gelegenen städtischen (gebührenfreien) Campingplatz am Stadtrand von Zapala.

english:

Around 5 pm we start the engine and – the battery is being charged! Bingo.

We speculated about the copper windings and the bearings of the generator, the alternator regulator and the charge booster as the cause of the fault and then it is a small mechanical wearing part.

Now we drive to the bank with our „saviour“ to withdraw cash with which he will be paid, because credit card payment is not possible with him. The amount is ridiculous compared to any conceivable bill from Mercedes. Of course, there is a proper tip to go with it. And around 6 p.m. we land at the municipal (free of charge) campsite beautifully situated in the forest on the outskirts of Zapala.

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1 Kommentar zu „Generatorausfall“

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